Stiftung Warentest testet Spiele-Apps: Fast alle sind „inakzeptabel für Kinder“ (2024)

„Roblox“, „Hay Day“, „Fortnite“

Stiftung Warentest testet Spiele-Apps: Fast alle sind „inakzeptabel für Kinder“

Stiftung Warentest testet Spiele-Apps: Fast alle sind „inakzeptabel für Kinder“ (1)

Stiftung Warentest testete 16 Handyspiele für Kinder und fand reihenweise kinder- und jugendgefährdende Inhalte.

Quelle: Hans-Jürgen Wiedl/dpa-Zentralbild/dpa

Spiele-Apps sind vor allem bei Kindern beliebt. Grund genug, dass sich die Stiftung Warentest einige der virtuellen Spiele genauer anschaut. Das Ergebnis: verstörend! Die Inhalte bewegen sich zwischen Hass und Hetze.

Das Handyspiel sieht für Kinder ansprechend aus: Kleine Männchen laufen durch die Straße, sehen aus wie Legofiguren. Eine Figur namens Shawn, braune Haare, schwarzer Anzug, grüne Krawatte, steht an der Laterne und scrollt durch sein Handy. Der glatzköpfige Hannes steht einige Meter daneben, über ihm schwebt eine Sprechblase mit einem einfachen „Hello“. Plötzlich muss Shawn dabei zusehen, wie Hannes erschossen wird – und zwar von der Figur, die von einem Spieler gesteuert wird. Und dann geht der Amoklauf weiter: Der Spieler erschießt einen weiteren Fußgänger und einen Security-Mitarbeiter. Aus ihren Körpern spritzt Blut.

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Unter allen blutigen Ego-Shootern zählt das beschriebene Handygame kaum zu den brutalsten. Der Unterschied zu derartigen Games ist jedoch, dass das Handyspiel für Kinder ab zwölf Jahren freigegeben ist: Es handelt sich um das beliebte Videospiel „Roblox“. Die Stiftung Warentest untersuchte dieses und weitere Spiele-Apps für Kinder auf alarmierende und nicht akzeptable Inhalte. Sie stieß dabei innerhalb der „Roblox“-App auf ein Video, das den beschriebenen Amoklauf aus einem Level im Spiel zeigt. „Es ist auch völlig unproblematisch für unsere Testspieler gewesen, die vorgegeben haben, zehn Jahre alt zu sein, dieses Spiel herunterzuladen und sich dieses Video anzusehen“, sagt Holger Brackemann, Bereichsleiter Untersuchungen bei Stiftung Warentest. „Es ist nicht das einzige verstörende Ergebnis, das wir in diesem Test festgestellt haben.“

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Rechtsextreme und antisemitische Nutzer- und Gruppennamen

Die Stiftung testete insgesamt 16 Spiele-Apps und kommt zu einem ernüchternden Ergebnis: 15 dieser Games halten sie für inakzeptabel für Kinder, obwohl sie alle eine Altersfreigabe zwischen null und zwölf Jahren haben. Und selbst das einzige Spiel, das im Test nicht durchfiel, erhielt lediglich die Bewertung „bedenklich“ – und zwar das Spiel „Minecraft“. Die Testerinnen und Tester ermittelten bei den untersuchten Handy-Apps drei große Problembereiche: Kinder stoßen darin erstens oft auf gefährliche Inhalte, werden zweitens häufig unter Druck gesetzt, immer weiterzuspielen – und werden drittens unter Druck gesetzt, immer wieder Inhalte zu kaufen.

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In acht der 16 Apps entdeckte Stiftung Warentest kindergefährdende Inhalte. Auffällig war dabei, dass in vielen dieser Spiele rechtsextreme und antisemitische Nutzer- und Gruppennamen geduldet wurden. Beim Spiel „Hay Day“ nannte sich eine Gruppe etwa „Gegen Juden“, bei Gardenscapes konnten sich Nutzerinnen und Nutzer zum Beispiel „SiegHeil“ nennen und der Gruppe „HeilAdolf“ beitreten.

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Quelle: RND

Hoher Spiel- und Kaufdruck für Kinder

Die Testerinnen und Tester stießen mitunter auch auf sexuelle Inhalte in ihrer Untersuchung: Bei „Roblox“ konnten sie eine Szene sehen, bei der zwei Figuren am Pool Oralsex haben. Auch das Spiel „Fortnite“ tolerierte sexualisierte Nutzernamen. Bei „Clash of Clans“ sah die Stiftung außerdem die Gefahr von Cybergrooming – also dem Anbahnen von sexuellen Kontakten zu Kindern im digitalen Raum. „Wir haben hier geschaut, ob etwas dagegen unternommen wird, wenn Fremde Kinder nach ihren Kontaktdaten fragen – und das war häufig leider nicht der Fall“, sagt Martin Gobbin, Multimediaexperte der Stiftung Warentest. Zudem tolerierte „Clash of Clans“ Nutzer- und Gruppennamen mit Pädophiliebezug. Eine Gruppe, der auch Kinder beitreten können, hieß etwa „Minor Abuser“, was so viel wie „Missbraucher von Minderjährigen“ bedeutet.

Stiftung Warentest bemängelt außerdem in nahezu allen getesteten Spiele-Apps, dass Kinder einem hohen Spiel- und Kaufdruck ausgesetzt sind. Mit der Ausnahme von „Minecraft“ sind zwar alle Games zunächst kostenlos verfügbar – allerdings gab es viele verschiedene Kaufanreize, um etwa bessere Inhalte freizuschalten oder überhaupt weiterspielen zu können.

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Stiftung Warentest fordert „Kinderschutz by default“

Oft machten die Spiele laut der Stiftung dabei von sogenannten Dark Patterns Gebrauch – also manipulativen Maschen, die Menschen dazu bringen, etwas zu tun, das eigentlich gar nicht in ihrem Interesse ist. Also zum Beispiel für ein Spiel Geld auszugeben, obwohl man das gar nicht möchte. Ein besonderes Beispiel hierfür entdeckten die Testerinnen und Tester in einem Spiel, in dem Nutzerinnen und Nutzer auf einen hungrigen, traurigen Fuchs treffen. Hier üben die Games nach Ansicht der Stiftung emotionalen Druck auf Kinder aus: Um den traurigen und hungrigen Fuchs zu füttern, müssen sie Kekse mit einer digitalen Währung kaufen, für die sie Geld ausgeben müssen. Ansonsten würde der Fuchs womöglich verhungern. Oft handelt es sich nur um kleine Geldbeträge – aber sie können sich aufgrund der vielen Kaufanreize schnell summieren.

„Wir fordern einen ‚Kinderschutz by default‘ – das heißt: Verzicht auf In-App-Käufe und auf Dark Patterns bei Spielen für Kinder“, sagt Brackemann. Auch eine bessere Kontrolle jugendgefährdender Inhalte sei dringend nötig. Eltern können aber auch jetzt schon etwas dafür tun, um ihre Kinder bei einem sicheren Umgang mit Spiele-Apps zu unterstützen. Gobbin rät Eltern dazu, mit ihren Kindern über Spiele-Apps und deren Risiken zu reden. Es sei zudem hilfreich, sich die Spiele genauer anzuschauen und wenn möglich mit den Kindern zusammen zu spielen.

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